Leben zwischen Logik und Emotion

Viele Menschen mit Asperger-Syndrom erhalten ihre Diagnose erst im Erwachsenenalter, da die Symptome oft subtiler sind und lange unentdeckt bleiben. Erwachsenen mit Asperger-Syndrom fällt es oft schwer, soziale Interaktionen zu meistern und sich in beruflichen oder persönlichen Beziehungen zurechtzufinden. Gleichzeitig verfügen sie über außergewöhnliche Fähigkeiten, wie eine ausgeprägte Detailgenauigkeit, analytisches Denken und eine besondere Hingabe an ihre Interessen.

Dieser Abschnitt gibt dir Einblicke in die typischen Herausforderungen, Stärken und Tipps für den Alltag.

Mann mit Asperger-Syndrom ist überfordert

10 mögliche Anzeichen für Asperger-Syndrom bei Erwachsenen

  1. Schwierigkeiten in sozialen Interaktionen: Es fällt schwer, soziale Hinweise wie Mimik oder Körpersprache zu lesen und angemessen darauf zu reagieren.
  2. Tendenz zu Monologen: Erwachsene mit Asperger-Syndrom neigen dazu, lange und detailliert über Themen zu sprechen, die sie interessieren, ohne zu bemerken, dass das Gegenüber nicht mitkommt.
  3. Wörtliche Auffassung von Sprache: Ironie, Sarkasmus oder metaphorische Sprache wird oft nicht erkannt oder falsch interpretiert.
  4. Intensive Interessen: Ein starkes Interesse an bestimmten Themen, das oft viel Zeit und Energie in Anspruch nimmt.
  5. Bedürfnis nach festen Routinen: Veränderungen und unvorhergesehene Ereignisse können Stress und Angst auslösen.
  1. Sensorische Empfindlichkeit: Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen, Licht, Gerüchen oder Berührungen.
  2. Schwierigkeiten in beruflichen Beziehungen: Probleme bei der Teamarbeit oder dem Knüpfen von beruflichen Netzwerken.
  3. Starke Fokussierung auf Details: Die Fähigkeit, kleinste Details zu erkennen, aber Schwierigkeiten, das „große Ganze“ zu sehen.
  4. Emotionale Regulation: Herausforderungen, die eigenen Emotionen zu erkennen, auszudrücken und zu regulieren.
  5. Stärken im analytischen Denken: Ausgeprägte Fähigkeiten im logischen und analytischen Denken, oft mit einer Leidenschaft für Problemlösungen.

Diagnostik und Anlaufstellen

Viele Menschen mit Asperger-Syndrom erfahren erst spät von ihrer Neurodivergenz. Die Diagnose im Erwachsenenalter erfolgt in der Regel durch spezialisierte Fachärzte oder Psychotherapeuten, die sich auf Autismus-Spektrum-Störungen spezialisiert haben. Es ist ein umfassender Prozess, der oft psychologische Tests, Interviews und Beobachtungen umfasst.

  • Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie: Diese Spezialisten sind geschult, Asperger-Syndrom bei Erwachsenen zu diagnostizieren.
  • Autismus-Spektrum-Zentren: Diese Einrichtungen bieten spezielle Diagnostik und Beratung für Erwachsene mit Asperger-Syndrom.

Heldenhase

Laas van Haas, 2023

nach der Diagnose…

Wenn ich einen ganz blöden Spruch loslassen wollte, müsste ich sagen: „Nach der Diagnose ist vor der Diagnose.“ Das entspringt aber nur meinem Hang zur Dramatisierung. Ich kenne das Problem einer späten Diagnostik und befinde mich selbst noch im aktiven Prozess des Verstehens. Verschiedene Reaktionen stellen sich dabei fast automatisch ein, ohne dass man sie wirklich kontrollieren kann. Jeder Mensch ist zweifellos einzigartig, aber bei den meisten Betroffenen läuft es so oder so ähnlich ab:

Aufarbeitung
  • Reflexion der Vergangenheit: Wie war das früher? Wie habe ich in verschiedenen Situationen reagiert? Was hat mich verwirrt? Mit welchen Herausforderungen hatte ich zu kämpfen? Was habe ich selbst vielleicht kaum bemerkt?
  • Reflexion der Gegenwart: Wie gehe ich heute damit um? Was kann ich ändern? Wie könnte mein Weg aussehen?
  • Erkenntnis: Nur weil andere wissen, dass man neurodivergent ist, ändert sich ihr Verhalten nur geringfügig, was für Dich irritierend sein kann.
  • Erklärungsversuche gegenüber anderen: „Nein, du bist nicht schuld!“ oder „Wie hättest du wissen sollen, woran es liegt?“ Autismus ist keine „Entscheidungskrankheit“. Auch wenn ich weiß, dass etwas „eigentlich ganz einfach ist“, kann mein Gehirn das trotzdem nicht anders verarbeiten!
Gefahren
  • Mitteilungsbedürfnis bis Overtelling: Jetzt, wo ich weiß, warum ich anders bin, sollte jeder Bescheid wissen, damit mein Umfeld besser mit meinen Eigenarten umgehen kann.
  • Neugier: Ich bin neurodivergent? Dann sollte ich unbedingt jedes Buch lesen, das je darüber geschrieben wurde! (leicht überzeichnet)
  • Bedauern: Wer bin ich eigentlich? Habe ich mein Leben bisher vergeudet? Muss ich jetzt nochmal ganz von vorne anfangen?
  • Missverständnis des Verstehens: Wenn ich jetzt weiß, was anders ist, sollte ich es doch mit festem Willen in den Griff bekommen! Warum sollte ich noch Meltdowns haben? Das blende ich einfach aus!
  • Verleugnung: „Ach, das war doch bestimmt eine Fehldiagnose!“ und „Das kann nicht sein!“, oder „Egal, wie viel es erklärt. Ich brauche unbedingt eine zweite Meinung.“

Eine Diagnose kann eine Welle an Informationen und Gefühlen auslösen, und es gibt für jede der genannten Herausforderungen eine Herangehensweise. Gerne berichte ich von meinen Erfahrungen und meinen eigenen Ansätzen – vielleicht helfen dir diese Tipps und mein Umgang mit der Diagnose. Dennoch sind wir alle unterschiedlich: Jeder von uns hat andere Erfahrungen, Wünsche, Träume und Hoffnungen und befindet sich an einer eigenen Stelle im Spektrum.

Wenn Du mehr dazu wissen möchtest, behalte am besten meinen Blog im Auge oder kontaktiere mich direkt, wenn Du Unterstützung benötigst!


10 Tipps für den Alltag mit Asperger-Syndrom

Der Alltag als Erwachsener mit Asperger-Syndrom kann komplex sein. Hier sind 10 Tipps, die helfen können, Herausforderungen zu meistern und das eigene Potenzial auszuschöpfen:

  1. Feste Routinen schaffen: Entwickle klare Tagesabläufe und Routinen, die Struktur und Sicherheit geben.
  2. Veränderungen frühzeitig planen: Bereite dich auf Veränderungen vor, indem du rechtzeitig Pläne machst und mögliche Szenarien durchspielst, ohne etwas zu zerdenken.
  3. Sensorische Überlastung vermeiden: Schaffe eine ruhige Umgebung mit minimalen Reizen, um Überlastungen zu vermeiden. Kopfhörer oder spezielle Lichtfilter können hilfreich sein.
  4. Klare Kommunikation: Vermeide Missverständnisse, indem du deine Kommunikation so direkt und klar wie möglich gestaltest und dein Umfeld informierst, welche Bedeutung dies für dich hat.
  5. Pausen einplanen: Nimm dir regelmäßig Pausen, um dich von sozialen oder sensorischen Überforderungen zu erholen.
  6. Selbstakzeptanz fördern: Erkenne deine Stärken an und akzeptiere deine Besonderheiten, anstatt dich ständig an die Erwartungen anderer anzupassen.
  7. Hilfsmittel nutzen: Apps oder Notizsysteme können helfen, den Alltag zu organisieren und wichtige Aufgaben nicht zu vergessen.
  8. Unterstützung suchen: Vernetze dich mit anderen, die ähnliche Herausforderungen erleben, etwa durch Selbsthilfegruppen oder Online-Foren.
  9. Berufliche Anpassungen vereinbaren: Sprich offen mit deinem Arbeitgeber über mögliche Anpassungen im Arbeitsalltag, wie flexible Arbeitszeiten oder Rückzugsmöglichkeiten.
  10. Achtsamkeit und Stressmanagement: Praktiziere Techniken wie Achtsamkeit, Meditation oder Yoga, um deinen Stress zu reduzieren und dein emotionales Gleichgewicht zu fördern.

Asperger-Syndrom im Beruf

Menschen mit Asperger-Syndrom haben oft außergewöhnliche Stärken im Berufsleben, vor allem in Bereichen, die präzises Arbeiten und analytisches Denken erfordern. Allerdings gibt es auch Herausforderungen, besonders in der sozialen Interaktion oder im Umgang mit Veränderungen. Hier sind einige Strategien, die dir im Berufsleben helfen können:

  • Berufsfelder wählen, die deinen Stärken entsprechen: Bereiche wie IT, Forschung, Ingenieurwesen oder andere analytische Berufe sind oft besonders geeignet.
  • Kommunikation mit Kollegen: Sei offen mit deinen Kollegen über deine Bedürfnisse und Arbeitsweise, um Missverständnisse zu vermeiden.
  • Anpassungen im Arbeitsumfeld: Sprich mit deinem Arbeitgeber über Möglichkeiten, dein Arbeitsumfeld anzupassen, etwa durch einen ruhigen Arbeitsplatz oder flexible Arbeitszeiten.

10 Tipps für den Umgang mit sozialen Beziehungen

Soziale Beziehungen sind oft herausfordernd, da nonverbale Signale und soziale Regeln schwerer zu erfassen sind. Hier sind 10 Tipps, um den Umgang mit anderen zu erleichtern:

  1. Soziale Regeln üben: Rollenspiele oder das Nachahmen sozialer Szenarien können helfen, sich auf reale Situationen vorzubereiten.
  2. Offene Kommunikation pflegen: Erkläre Freunden und Familienmitgliedern deine Herausforderungen, um Missverständnisse zu vermeiden.
  3. Gespräche strukturieren: Überlege dir vor sozialen Treffen, worüber du sprechen möchtest, um den Austausch zu erleichtern.
  4. Zeit für dich selbst einplanen: Gönne dir regelmäßige Auszeiten, um dich von sozialen Situationen zu erholen.
  5. Gefühle anderer erkennen: Übe, auf die nonverbalen Hinweise deines Gegenübers zu achten, etwa durch bewusstes Beobachten von Gesichtsausdrücken.
  6. Geduld mit dir selbst haben: Akzeptiere, dass du in sozialen Situationen möglicherweise mehr Zeit oder Übung brauchst.
  7. Grenzen setzen: Lerne, „Nein“ zu sagen und dir Pausen zu nehmen, wenn du dich überfordert fühlst.
  8. Aktiv zuhören: Übe, aktiv zuzuhören, und warte ab, bevor du antwortest, um sicherzustellen, dass du das Gespräch vollständig erfasst hast.
  9. Kleine, vertraute Gruppen bevorzugen: Vermeide große soziale Gruppen, wenn dich diese überfordern, und ziehe kleinere, vertraute Zusammenkünfte vor.
  10. Verbindliche Pläne machen: Vereinbare klare, verbindliche Pläne, um Unsicherheiten und spontane Änderungen zu vermeiden.
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